Wohngesund gestalten

Wie Sie Innenwände modern und schadstofffrei renovieren

Schon vor der Corona-Pandemie haben Untersuchungen ge­zeigt, dass der durchschnittliche Deutsche 90 % seiner Zeit in geschlossenen Räumen verbringt. Kein Wunder also, dass viele dem Thema „Wohngesundheit“ immer mehr Aufmerksamkeit widmen – und zwar nicht nur beim Neubau, sondern auch bei Renovierungen und Sanierungen. Dabei spielt die Gestaltung der Wände eine wichtige Rolle – denn diese Flächen machen einen Großteil des umbauten Raums aus. Entsprechend groß ist ihr Einfluss auf die Wohn­ge­sund­heit. Vor allem Wandfarben können großflächig Inhaltsstoffe an die Raumluft abgeben.


Innenwaende schadstofffrei renovierenFoto: New Africa/AdobeStock


Oft stammen diese von synthetischen Zusätzen, die als Binde- oder Löse­mittel eingesetzt werden. Diese flüchtigen organischen Verbindungen werden auch VOCs genannt und können Schleimhäute reizen und Kopf­schmer­zen, Schwindelgefühl oder Müdigkeit auslösen. Wer dem vorbeugen möchte, sollte auf möglichst emissionsarme Wandfarben setzen. Bei der Orientierung helfen Umweltzeichen wie der Blaue Engel und das Siegel von natureplus (siehe Kasten unten auf dieser Seite).

Wandfarben auf Wasserbasis sind in der Regel emissionsärmer, enthalten mitunter aber ätherische Öle als Konservierungsstoffe und andere Additive, die Allergien auslösen oder die Schleimhäute reizen können. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sogenannte Naturfarben einsetzen, die idealerweise ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden.

Da der Begriff „Naturfarbe“ aber ebenso wenig gesetzlich geschützt ist wie „Biofarbe“ oder „Ökofarbe“, lohnt sich immer ein Blick auf die Zutatenliste. Hersteller echter Naturfarben deklarieren in der Regel freiwillig alle In­halts­stoffe. Das ist insbesondere für Allergiker wichtig.
 

NaturfarbenFoto: Auro Naturfarben
 

Die Vielfalt wohngesunder Farben

Es gibt heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Wände im Eigenheim wohngesund zu gestalten. Viele verzichten beispielsweise auf das Tapezieren und bringen die Wandfarbe direkt auf dem verputzten Untergrund auf. Die Flächenwirkung hängt dann sehr vom Zustand der Wand ab.

Wenn Sie ganz glatte Oberflächen möchten, müssen Sie flächig nach­spach­teln und schleifen. Das ist zwar mit viel Arbeit und Staub verbunden, führt aber zu einer wirklich edlen Raumwirkung.

Alternativ können Sie auch mineralische Streichputze auf Basis von Lehm oder Kalk verwenden, die kleine Unebenheiten der Wand problemlos aus­glei­chen. Wenn Sie hier eine bereits eingefärbte Variante einsetzen, müssen Sie hinterher keine Farbe auftragen. Zudem ist die Fläche unempfindlicher, da sich Kratzer bei einer durchgefärbten Putzschicht nicht so deutlich abzeichnen.
 

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Zum Streichen der Wände stehen diverse umweltgerechte Farbarten zur Verfügung, die nicht alle für jeden Untergrund geeignet sind. Wenn Sie selbst zum Pinsel und zur Farbrolle greifen möchten, sollten Sie sich deswegen vorher im Fachhandel beraten lassen. Hier eine Übersicht:

Dispersionsfarbe ist enorm vielseitig. Sie lässt sich als Wandfarbe auf mineralischen Leichtbauplatten, aber auch auf Tapeten und Altanstrichen einsetzen. Wenn als Bindemittel Naturharz verwendet wird, ist Dis­per­sions­far­be meist lösemittelfrei und lässt sich mit Wasser verdünnen.

Statt chemisch-synthetischer Konservierungsstoffe werden un­pro­ble­ma­tische Borsalze und pflanzliche Öle zugesetzt. Kreide und Titandioxid sind für das Weiß verantwortlich, als Füllstoffe dienen in der Regel Talkum und Zellulose.


Natürliche WandfarbenFoto: Auro Naturfarben


Kaseinfarben wurden schon bei den alten Ägyptern eingesetzt. Als Bindemittel dient hier natürliches Milcheiweiß (Kasein). Von der Haltbarkeit und Brillanz zeugen auch die berühmten Wandmalereien in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Sie wurden vor mehr als 500 Jahren mit Kaseinfarben ausgeführt.

Kalkfarben eignen sich auch für Badezimmer. Die Grundfarbe ist ein natürlich wirkendes Weiß, das sich mit Erd- und Mineral­pigmenten beliebig abtönen lässt. Kalk wirkt schimmelhemmend, die Farben sind emissionsfrei und geruchsneutral. Durch die enthaltenen Marmorsande verleihen Kalkfarben glatten Untergründen eine feine Putzstruktur.


Schadstofffreie FarbwahlFoto: Robert Kneschke/Adobe Stock


Als noch beständiger gelten sogenannte Sumpfkalkfarben. Das Aus­gangs­ma­te­rial entsteht nach alter Handwerkstradition: Kalkstein wird bei knapp unter 1000 °C gebrannt und dann mit Wasser abgelöscht. Dieser Kalkbrei sollte dann mindestens ein Jahr reifen bzw. „sumpfen“. Je länger der Vorgang dauert, desto feiner und geschmeidiger wird der Sumpfkalk und desto besser hält die Farbe.

LehmstreichputzFoto: A. Wagner-Simmer/Natur am Bau, Berlin Lehmstreichputz (Lehmstucco) Lehmfarben: Lehm ist einer der ersten Baustoffe überhaupt und hat bis heute nichts von seiner Anziehungskraft verloren, wenn es um gesundes Wohnen und gutes Raumklima geht. So gibt es mittlerweile wunderschöne, tuchmatte Wandfarben mit einem hohen Lehmanteil, aber auch sogenannte Lehm­streich­putze, die pastöser und rauer sind.

Durch Zumischung natürlicher Farbpigmente steht eine enorme Farbpalette zur Ver­fü­gung. Lehmfarben sind nicht wasserfest und deswegen für das Badezimmer nur bedingt geeignet. Diese Eigenschaft hat aber durchaus auch Vorteile: Da Sie Lehmfarben und Lehm­streich­putze jederzeit mit Wasser wieder anlösen können, können Sie kleinere Blessuren schnell und einfach wieder beseitigen.

Silikatfarbe ist enorm beständig und wird deswegen auch für Fassaden genutzt. Die Farbe eignet sich besonders für beton- und gipshaltige Untergründe. Ihr Hauptbestandteil ist Kaliwasserglas, ein Stoff, der bei hohen Tem­peraturen aus Quarzsand und Kaliumcarbonat gewonnen wird. Silikatfarbe ist nicht nur sehr belastbar, sondern auch diffusionsfähig und gleichzeitig waschfest. Die Farbe ist alkalisch und wirkt deswegen natürlich desinfizierend.
 

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Da manche dieser Farbarten schon seit Jahrhunderten bekannt sind, haben sich im Laufe der Zeit spezielle Verarbeitungstechniken entwickelt, um sehr hochwertige Wandgestaltungen zu realisieren. Dazu setzen Fachhandwerker auch weitere Naturprodukte wie Bienenwachsseife ein, die als glänzender Überzug die Farben verstärkt und schützt, oder spezielle Kalkspachtel (Stucco Fein), die im Innenbereich aufgetragen werden und der Wand eine lasierende, tiefe Transparenz verleihen.


KalkspachtelFoto: Kreidezeit Naturfarben Kalkspachtel (Stucco Fein), mehrschichtig verarbeitet, für wolkige Marmoreffekte


Als Stuccolustro werden Oberflächen bezeichnet, deren Glanz und Trans­pa­renz an polierten Marmor erinnern. Tadelakt kommt aus dem traditionellen Marokko. Bei der alten Gestaltungstechnik werden durch kreisförmige Polierbewegungen mit geschliffenen Steinen schöne, glänzende Oberflächen mit einer leichten Wolkigkeit erzeugt.

Spätestens bei der Beschäftigung mit diesen alten Techniken der Wand­ge­stal­tung zeigt sich, dass natürliche und wohngesunde Wandgestaltungen schon seit Jahrhunderten angewendet werden. Oft sind Naturfarben etwas teurer als ihre synthetischen Pendants – dafür leisten sie aber auch einen wichtigen Beitrag für ein wohngesundes Umfeld.

Claas Appold

 

Weitere Informationen ...

… zu wohngesunden Farben und Putzen ­allgemein

Auro Naturfarben
www.auro.de

Ecotec Naturfarben GmbH
www.volvox.de

Haga AG Naturbaustoffe
www.haganatur.de

Kreidezeit Naturfarben GmbH
www.kreidezeit.de

… zu Farben und Putzen mit Umweltzeichen

www.blauer-engel.de

Natureplus e.V.
www.natureplus.org

Umweltbundesamt
www.umweltbundesamt.de

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