Bauliche Veränderung in der WEG
Bauliche Veränderungen in der WEG
Seit Oktober 2024 sind auch Balkonkraftwerke privilegiert
Unter einer baulichen Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) versteht man eine vom Aufteilungsplan oder vom ursprünglich vorhandenen Zustand des Gebäudes abweichende dauerhafte Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, welche über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Keine bauliche Veränderung im Sinne dieses Gesetzes sind hingegen Veränderungen am Sonder- bzw. Teileigentum oder Maßnahmen, durch welche nur ein dem Aufteilungsplan entsprechender Zustand hergestellt wird.
Mehrheitsbeschluss ist ausreichend
Seit dem im Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz sind Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum gemäß § 20 Absatz 1 WEG grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit möglich, sofern die Wohnanlage hierdurch nicht grundlegend umgestaltet und kein Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt wird (§ 20 Absatz 4 WEG). Mit dieser Neuregelung wurde die für Modernisierungen und bauliche Veränderungen bisher erforderliche qualifizierte Mehrheit bzw. Einstimmigkeit abgeschafft und die Durchführung von Baumaßnahmen erheblich erleichtert. Bestehende Modernisierungsstaus in Wohnungseigentumsanlagen sollen damit beseitigt werden können und die bauwillige Mehrheit gegenüber einzelnen Baugegnern gestärkt werden.
Das Ausreichen eines einfachen Mehrheitsbeschlusses für bauliche Veränderungen kann auch abbedungen werden. Das bedeutet, die Wohnungseigentümer können in einer Gemeinschaftsordnung oder durch eine Vereinbarung die Anforderungen an die Beschlussfassung erhöhen oder weitere Zustimmungserfordernisse (zum Beispiel die Zustimmung des Verwalters) bestimmen. Vom Gesetz abweichende Bestimmungen in alten (vor Dezember 2020) Gemeinschaftsordnungen bzw. Vereinbarungen sind gemäß § 47 WEG aber nur noch dann anwendbar, wenn sich aus der Altvereinbarung eindeutig ergibt, dass die abweichende Regelung auch nach neuem Recht weitergelten soll. Im Zweifel ist ein solcher Wille in der Regel nicht anzunehmen.
Privilegierte Baumaßnahmen
Neu ins Gesetz aufgenommen wurden auch bestimmte privilegierte Baumaßnahmen, auf welche jeder Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch hat. Danach kann jeder Wohnungseigentümer gemäß § 20 Absatz 2 WEG angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die einem barrierefreien Aus- und Umbau, den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, dem Einbruchsschutz, dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität sowie - seit Oktober 2024 - der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte (sog. Balkonkraftwerke) dienen. Darüber hinaus kann jeder Wohnungseigentümer gemäß § 20 Absatz 3 WEG verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.
Kostenverteilung
Die Kosten einer baulichen Veränderung sind grundsätzlich nur von denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben (§ 21 Absatz 3 WEG). Nur ihnen gebühren dann aber auch die Nutzungen hieraus. Ausnahmsweise haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wenn die Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums (in der Regel zehn Jahren) amortisieren oder die Maßnahme mit einer qualifizierten Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (§ 21 Absatz 2 WEG). Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder auf sein Verlangen von der Gemeinschaft durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer gemäß § 21 Absatz 1 WEG alleine zu tragen. Nur ihm gebühren dann aber auch die Nutzungen hieraus. Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann gemäß § 21 Absatz 4 WEG aber verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Gemäß § 21 Absatz 5 WEG können die Wohnungseigentümer auch eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Ausführungen Kosten nicht zu tragen hat, aber keine Kosten auferlegt werden.
BeschIussanfechtung
Wurde ein Beschluss über eine bauliche Veränderung nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst oder wird die Wohnanlage durch eine beschlossene Baumaßnahme grundlegend umgestaltet oder ein Wohnungseigentümer hierdurch unbillig benachteiligt, ist der Beschluss nicht nichtig, sondern nur innerhalb der Monatsfrist des § 45 WEG anfechtbar. Unterbleibt eine Anfechtung, ist der gefasste Beschluss nach Ablauf der Anfechtungsfrist bestandskräftig und damit für alle, auch für nachteilig betroffene Wohnungseigentümer verbindlich.
Karl Schmelzing
Jurist beim Eigenheimerverband Bayern e.V.