Grenzwand darf nicht angebohrt werden

Aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes zu Nachbarschaftsstreit

TrennwandFoto: elxeneize/Adobe Stock

Bei der Frage, ob eine an bzw. auf der Grenze stehende Gebäudewand von beiden Nachbarn auf der jeweiligen Seite frei benutzt werden darf, kommt es nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12.11.2021 (Az.: V ZR 25/21) darauf an, ob es sich um eine Grenzwand oder um eine Nachbarwand handelt.

Grundsätzlich sind Gebäude oder Gebäudeteile keine Grenzeinrichtungen. Eine Ausnahme bildet nur die sog. Nachbarwand (auch Kommun- oder halbscheidige Giebelwand genannt). Dies ist eine auf der gemeinsamen Grundstücks­grenze errichtete Mauer, die zum wechselseiti­gen Anbau bestimmt ist.
 

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Bestand bei der Errichtung eine beiderseitige Verabredung der Nachbarn oder wenigstens eine einseitige Erwartung des Erbauers, dass der Nachbar die Mauer für den Bau seines Hauses benutzen kann, wird die Mauer mit dem Anbauen von dem überbauten Grundstück aus eine ge­meinschaftliche Grenzeinrichtung. Diese Nachbarwand kann dann von jedem der beiden Nach­barn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt werden. Deshalb darf ein freiliegender Teil in Richtung auf das eigene Grundstück (z.B. bei versetzt stehenden Reihen- oder Doppelhäusern) gestrichen, bepflanzt oder zur Verlegung von Leitungen genutzt werden, soweit die Mitbenutzung durch den anderen Nachbarn nicht beeinträchtigt wird.

Zu unterscheiden ist die Nachbarwand von der sog. Grenzwand. Als solche wird eine Mauer bezeichnet, die bis an die Grundstücksgrenze gebaut ist, diese aber nicht überschreitet. Eine Grenzwand wird auch nicht dadurch zur Nachbarwand, dass sie die Grundstücksgrenze ganz oder teilweise schneidet; es kann sich dabei vielmehr um einen Überbau handeln.
 

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Ebenso wenig führt ein Anbau an eine Grenz­wand für sich genommen dazu, dass eine Nachbarwand entsteht. Eine Nachbarwand liegt viel­mehr nur vor, wenn die von der Grenze ge­schnittene Wand dazu geeignet und bestimmt ist, beiden Nachbargebäuden als wesentlicher Bestandteil zu dienen. Werden Reihen- oder Dop­pelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände, geschieden, handelt es sich daher nicht um eine Nachbarwand, sondern um zwei Grenzwände, weil die Wände die Standsicherheit der Gebäude jeweils eigenständig gewährleisten. Dies gilt auch, wenn die Grundstücksgrenze eine oder beide Wände schneidet und insoweit ein Überbau vorliegt.

Zu einer Einwirkung auf die im Alleineigentum stehende Wand ist ein Nachbar ohne Zustimmung des Eigentümers nicht berechtigt. Ein Reihenhausbewohner darf daher nicht einfach in die versetzte Außenwand seines Nachbarn bohren, wenn es sich hierbei um eine Grenz­wand handelt. Verstößt er hiergegen, besteht ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Absatz 1 Satz 1 BGB.

Rainer Schmitt

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