Sondernutzungsrecht

 

Begründung durch Mehrheitsbeschluss ist nicht möglich

Beim Wohnungseigentum gibt es nur zwei Eigentumsformen: Das Gemeinschaftseigentum und das Sondereigentum. Nach dem bis November 2020 geltenden Wohnungseigentumsgesetz (WEG) konnte Sondereigentum nur an abgeschlossenen Räumen oder an abgegrenzten Garagenstellplätzen begründet werden. Mit Inkrafttreten des reformierten Wohnungseigentumsgesetzes im Dezember 2020 wurde die Sondereigentumsfähigkeit zwar auch auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstückes – etwa auf Gartenflächen oder Fahrzeugstellplätze im Freien – erweitert (§ 3 WEG). Kann an einer Fläche kein Sondereigentum begründet werden (weil zum Beispiel der Raum nicht in sich abgeschlossen ist oder eine Freifläche im Aufteilungsplan nicht durch Maßangaben bestimmt ist) oder ist eine Begründung von Sondereigentum nicht gewollt (damit zum Beispiel Wohnung und Stellplatz nicht getrennt voneinander verkauft werden können), kann aber auch nach Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes noch das Bedürfnis bestehen, einem Wohnungseigentümer die Befugnis zur alleinigen Nutzung eines bestimmten Teils des Gemeinschaftseigentums einzuräumen. Dies kann durch die Begründung eines Sondernutzungsrechtes erreicht werden, durch welches die übrigen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch der entsprechenden Fläche des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen werden. Auch bleiben bereits vor Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes bestehende Sondernutzungsrechte weiter bestehen, auch wenn an diesen jetzt Sondereigentum begründet werden könnte.

Begründung

In der Regel werden Sondernutzungsrechte bereits bei der Teilung des Grundstückes durch den Eigentümer in der Teilungserklärung oder in der Teilungsvereinbarung mehrerer Miteigentümer begründet. Der bzw. die teilenden Eigentümer können sich in der Teilungserklärung bzw. Teilungsvereinbarung auch das Recht zur nachträglichen Begründung von Sondernutzungsrechten vorbehalten. Ohne einen entsprechenden Vorbehalt kann ein Sondernutzungsrecht nachträglich nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer begründet werden. Damit eine solche Vereinbarung auch gegenüber Rechtsnachfolgern wirksam ist, bedarf diese der notariellen Beglaubigung und der Eintragung ins Grundbuch. Ein Mehrheitsbeschluss über die Begründung eines Sondernutzungsrechts ist nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (Az.: V ZB 58/99) mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer grundsätzlich nichtig.

Ausübung

Auch wenn dem Sondernutzungsberechtigten das alleinige Nutzungsrecht an den ihm zugewiesenen Flächen oder Räumen zusteht, bleiben diese jedoch gemeinschaftliches Eigentum, mit der Folge, dass der Sondernutzungsberechtigte bei der Ausübung seines Rechts gewissen Beschränkungen unterworfen ist. Diese können sich zum einen aus der Sondernutzungsrechtsvereinbarung selbst oder aus der Zweckbestimmung für den entsprechenden Gemeinschaftseigentumsteil ergeben. So darf zum Beispiel ein in der Teilungserklärung als Hobbyraum bezeichneter Raum nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Da es sich beim Sondernutzungsrecht lediglich um ein Gebrauchsrecht handelt, berechtigt es auch nicht zur Vornahme baulicher Veränderungen. Grundsätzlich unzulässig ist daher zum Beispiel die Errichtung eines Gartenhauses auf der zur Gartennutzung zugewiesenen Sondernutzungsfläche oder dessen Einfriedung mit einem Zaun. Ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche umfasst zwar die Befugnis, diese gärtnerisch zu gestalten. Das Anpflanzen und Entfernen von Bäumen, Sträuchern und Hecken ist jedoch nur insoweit zulässig, als hierdurch das Gesamtbild der Wohnanlage nicht nachteilig verändert wird. Letztendlich unterliegt das Sondernutzungsrecht auch immanenten Schranken, die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ergeben. Kann zum Beispiel ein zur Wohnanlage gehörender Kinderspielplatz nur über eine Sondernutzungsfläche erreicht werden, ist der Sondernutzungsberechtigte verpflichtet, den Durchgang zum Spielplatz über seine Sondernutzungsfläche zu gewähren. Überschreitet der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer sein Gebrauchsrecht oder verändert er das Gemeinschaftseigentum in unzulässiger Weise, besteht ein einklagbarer Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB.

Der Sondernutzungsberechtigte kann die Ausübung seines Rechtes einem Dritten (zum Beispiel seinem Mieter) ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer überlassen. Übertragen werden kann das Sondernutzungsrecht jedoch nur an einen anderen Wohnungseigentümer, da das Sondernutzungsrecht untrennbar mit dem Wohnungseigentum verbunden ist und nur zusammen mit diesem bestehen kann. Mit der Veräußerung einer Wohnung geht automatisch auch ein zu dieser gehörendes Sondernutzungsrecht auf den Erwerber über.

Instandhaltung und Kostentragung

Da die dem Sondernutzungsberechtigten zugewiesenen Flächen oder Räume weiterhin gemeinschaftliches Eigentum sind, ändert sich grundsätzlich nichts an der Instandhaltungs- und Kostentragungspflicht der Eigentümergemeinschaft. Mit der Begründung des Sondernutzungsrechtes kann aber vereinbart werden, dass der Sondernutzungsberechtigte für die Instandhaltung der ihm zugewiesenen Flächen oder Räume alleine verantwortlich ist und er auch die Kosten zu tragen hat, die auf sein Sondernutzungsrecht entfallen und für dieses gesondert ermittelt werden können.

Aufhebung

Ein bestehendes Sondernutzungsrecht kann nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer aufgehoben oder geändert werden. Ein Mehrheitsbeschluss über die Aufhebung, Änderung oder Entziehung eines Sondernutzungsrechts ist mangels Beschlusskompetenz grundsätzlich nichtig. Auch ein einseitiger Verzicht des Sondernutzungsberechtigten führt nicht zur Aufhebung seines Rechts. Zur Löschung des Sondernutzungsrechts aus dem Grundbuch genügt jedoch die Bewilligung des bisher berechtigten Wohnungseigentümers.

Rainer Schmitt

Jurist beim Eigenheimerverband Bayern e.V.

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