Die Zustellung von Schriftstücken

 

Dem Absender obliegt die Beweispflicht für den Zugang beim Empfänger

Beim Versand wichtiger Schriftstücke (wie zum Beispiel einer Kündigung, eines Rücktritts oder eines Widerrufs) sollte der Absender immer darauf achten, dass er im Streitfall auch den Zugang beim Empfänger beweisen kann. Doch wie lässt sich der Zugang eines Schriftstückes am besten nachweisen?

Der einfache Brief ist sicherlich die am wenigsten geeignete Möglichkeit den Zugang beim Empfänger nachzuweisen, da der Absender des Schriftstückes bei dieser Art der Zustellung weder die Einlieferung noch die Auslieferung des Briefes nachweisen kann.

Die Zustellung eines Schriftstückes per Telefax bietet auch keine sichere Nachweismöglichkeit, da Sendeprotokolle eines Telefax von vielen Gerichten nicht als Beweis akzeptiert werden. So hat zum Beispiel das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 22.09.2003 (Az.: 8 U 176/02) entschieden, dass ein Faxsendebericht nur nachweist, dass eine Datenübertragung stattgefunden hat, nicht jedoch, welche Daten tatsächlich übertragen wurden und ob das Empfangsgerät das Schriftstück auch vollständig ausgedruckt hat.

Bei einer Zustellung per E-Mail ist die Rechtslage sehr umstritten. Während einzelne Gerichte den Ausdruck der gesendeten E-Mail als Beweis akzeptieren (so zum Beispiel das Amtsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 23.10.2008, Az.: 30 C 730/08-25), reicht den meisten Gerichten der bloße Ausdruck der E-Mail nicht als Beweis aus. So hat zum Beispiel das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 11.01.2022 (Az.: 4 Sa 315/21) entschieden, dass alleine die Absendung der E-Mail keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger begründet. Denn wie auch bei einfacher Post sei es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Und dieses Risiko könne nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Etwas anderes dürfte jedoch dann gelten, wenn der Absender der E-Mail eine Lese- oder Empfangsbestätigung vom Empfänger erhalten hat oder der Empfänger auf die E-Mail geantwortet hat.

Auch mit einem Einschreibebrief kann ein Schriftstück nicht immer nachweislich zugestellt werden. So gilt ein Übergabeeinschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein in der Regel nicht als zugestellt, wenn der Empfänger nicht angetroffen wird und er das dann bei der Post hinterlegte Einschreiben nicht innerhalb der siebentägigen Lagerfrist abholt. Denn alleine die Benachrichtigung des Empfängers von der Hinterlegung des Einschreibens bei der Post stellt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26.11.1997 (Az.: VIII ZR 22/97) noch keinen wirksamen Zugang der Erklärung dar. Ob mit einem Einwurfeinschreiben ein Schriftstück nachweislich zugestellt werden kann, war bis vor kurzem noch strittig. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27.09.2016 (Az.: II ZR 299/15) dürfte diese Frage nun aber geklärt sein. Danach spricht der Anscheinsbeweis für einen Zugang des Einwurfeinschreibens, wenn der Einlieferungsbeleg zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorgelegt wird. Mit der Vorlage des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs wird der Einwurf des Einschreibens mit der Unterschrift des Postboten und der Datumsangabe dokumentiert, was die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt sei.

Die sicherste Möglichkeit der Zustellung eines Schriftstückes ist die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher (§§ 192 ff ZPO). Bei dieser Art der Zustellung übersendet der Absender das Schriftstück an einen beim Amtsgericht am Wohnort des Empfängers zugelassenen Gerichtsvollzieher mit der Aufforderung, das Schriftstück an den Empfänger zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher kann die Zustellung dann entweder selbst durchführen oder die Post mit der Zustellung beauftragen. Der Zugang wird unter Angabe des Datums, der Uhrzeit und des Ortes der Zustellung sowie des Empfängers amtlich beurkundet. Ist der Empfänger nicht anwesend, wird das Schriftstück auf der Post niedergelegt und der Empfänger hierüber benachrichtigt. Mit dieser Ersatzzustellung gilt das Schriftstück als zugestellt, unabhängig davon, ob der Empfänger es bei der Post abholt oder nicht. Die Kosten für die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher betragen ca. 20.- Euro.

Ist der Aufenthaltsort des Empfängers nicht bekannt und auch nicht feststellbar (zum Beispiel weil er sich ins Ausland abgesetzt hat) bleibt nur die öffentliche Zustellung (§§ 185 ff ZPO). Diese erfolgt durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel oder durch Einstellung in ein elektronisches Informationssystem, das im Gericht öffentlich zugänglich ist. Sofern vom Gericht nichts anderes bestimmt wird, gilt das Schriftstück dann als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist.

Eine relativ sichere und einfache Nachweismöglichkeit ist auch die Übergabe des Schriftstückes an den Empfänger oder der Einwurf des Schriftstückes in dessen Briefkasten mit einem Zeugen oder durch einen Boten. Damit der Zeuge bzw. der Bote im Streitfall später auch den Inhalt des Schriftstückes bestätigen kann welches übergeben oder eingeworfen wurde, sollte man den Zeugen bzw. den Boten das Schreiben vor der Übergabe auch lesen und sich dann eine Kopie des Schreibens von dem Zeugen bzw. dem Boten unterschreiben lassen. Aber auch dann kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge bzw. der Bote sich bei einem späterem Gerichtsverfahren nicht mehr genau an den Zustellungsvorgang erinnern kann.

Der Zugang eines Schriftstückes kann letztendlich auch dadurch sicher nachgewiesen werden, indem man sich den Empfang des Schriftstückes durch die Unterschrift des Empfängers bestätigen lässt. Dies funktioniert jedoch nur dann, wenn der Empfänger auch angetroffen wird und bereit ist, den Empfang zu bestätigen. Ein Rechtsanspruch auf eine Bestätigung des Empfängers besteht jedenfalls nicht.

Achtung: Unabhängig von der Art der Zustellung ist die für die Wirksamkeit einer Erklärung vorgeschriebene Form zu beachten. So ist zum Beispiel eine Wohnungskündigung nur dann wirksam, wenn diese schriftlich erfolgt. Da die Schriftform anders als die Textform eine eigenhändige Unterschrift voraussetzt, ist eine Wohnungskündigung daher grundsätzlich weder durch Telefax noch durch E-Mail möglich.

Rainer Schmitt
Jurist beim Eigenheimerverband Bayern e.V.


 

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